Die Klimakrise fordert die Politik
von Tanja Soland (Grossrätin SP) und Jürg Stöcklin (Grossrat Grüne)
Warnende Stimmen aus der Wissenschaft, dass durch die enorme Steigerung des Verbrauchs von Kohle, Erdöl und Erdgas das globale Klima aufgeheizt wird, gab es seit Jahrzehnten. Sie wurden von der Politik zu lange ignoriert. Mit dem Pariser Klimaabkommen haben erstmals alle Staaten der Welt die Dringlichkeit zum Handeln anerkannt. Sie haben sich verpflichtet, bis spätestens 2050 die klimawirksamen Emissionen auf Netto-Null zu beschränken, mit dem Ziel, die globale Erwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf deutlich unter 2° C, möglichst auf 1.5°C zu halten. Nicht zuletzt herausgefordert durch die Streikbewegung der Klimajugend hat sich Ende Sommer der Bundesrat öffentlich zu dieser eingegangenen Verpflichtung bekannt, allerdings noch ohne entsprechende Massnahmen zu benennen. Gelingt es nicht, die Emissionen zu beschränken, werden Hitze- und andere Wetterextreme zunehmen. Heute noch bewohnbare Städte und ganze Landstriche werden wegen zu grosser Hitze unbewohnbar, dies wird zu Ernteeinbussen und Wasserknappheit führen, und mit der Erhöhung des Meeresspiegels werden Küstenregionen und Städte existentiell bedroht.
Global denken, lokal handeln
Das Problem ist global, gefordert sind alle, am meisten der industrielle Norden, dessen klimawirksamen pro Kopf Emissionen um ein mehrfaches höher sind als jene in den weniger entwickelten Ländern. Im Gebäudebereich, beim Verkehr, in der Landwirtschaft und in Industrie muss der Einsatz fossiler Energien durch entsprechende Massnahmen auf Null reduziert werden. Dazu braucht es Anreize, Vorschriften und vereinzelt auch Verbote. Der Preis fossiler Brenn- und Treibstoffe muss durch Lenkungsabgaben so verteuert werden, dass ihr Ersatz durch erneuerbare Energien rasch passiert. Umgekehrt sind die Anstrengungen für die Bereitstellung von erneuerbaren Energien, in erster Line von Photovoltaik, Wind- und Erdwärme durch Investitionen schnell und deutlich zu steigern. Weil alle gefordert sind, lässt sich das Problem nicht aufs Ausland abschieben.
Massnahmen müssen sozialverträglich sein
Umweltpolitik und damit auch Klimapolitik ist eine Frage der Gerechtigkeit. Es sind in der Regel die Ärmsten, welche am meisten unter Verkehrslärm, Luftverschmutzung, ungesunder Nahrung, verschmutztem Trinkwasser und beschränkten Ressourcen zu leiden haben. . In Zukunft muss gelten, dass wer umweltgerecht lebt, auch profitiert. Der Verbrauch von Ressourcen muss sich verkleinern und mit der Tragbarkeit des Planeten in Einklang gebracht werden.
Im Gebäudebereich, im Verkehr und bei der Bereitstellung von erneuerbaren Energien sind zur Bewältigung der Klimakrise beträchtliche Investitionen erforderlich. Diese sollten über Steuern oder Lenkungsabgaben finanziert werden. Jeder und jede sollte gemäss seiner Leistungsfähigkeit zum Klimaschutz beitragen. DasMobilitätsverhalten, das heute durch billig zur Verfügung stehende fossile Treibstoffe geprägt ist, muss sich verändern. Die Mobilität über grosse Distanzen (Flugverkehr) wird teurer werden. Zusätzliche Mobilität, die Umweltkosten verursacht, darf nicht kostenlos sein, d.h. ein RoadPricing ist verursachergerecht auszugestalten. Auch Lenkungsabgaben müssen verursachergerecht erhoben werden und sollten staatsquotenneutral an die Bevölkerung zurückerstattet werden.
Klimapolitik im Stadtkanton
Basel-Stadt steht mit seiner Klimapolitik nicht am Anfang. Unsere Stromversorgung erfolgt bereits seit vielen Jahren 100% aus erneuerbaren Quellen. Auch die klimawirksamen CO2-Emissionen konnten in den letzten Jahren deutlich gesenkt werden. Das kürzlich erneuerte Energiegesetz gilt als das fortschrittlichste in der Schweiz. Es schafft die Voraussetzungen, um im Gebäudebereich klimaneutral zu werden. Die Fernwärme soll ausgebaut und dort wo dies zu teuer ist, das Potential von Erdwärme und anderer Umweltwärme genutzt werden. Diesbezüglich sind wir auf dem richtigen Weg.
Rot-grüne Mehrheitspolitik bedeutet nicht nur solide Staatsfinanzen, einen attraktiven Wirtschaftsstandort mit sozialem Ausgleich, sondern auch einen nachhaltigen Umgang mit Umwelt und Natur. Für uns ist klar: Klimapolitik geht nur sozial. Die bisherige rot-grüne Energie- und Umweltpolitik muss weitergeführt werden. Eine der Voraussetzungen dafür ist eine solide Finanzpolitik, welche sicherstellt, dass der Kanton den Handlungsspielraum für notwendige Investitionen zur Bewältigung der Klimakrise auch nutzen kann.
Der motorisierte Verkehr ist der Sektor mit den grössten CO2-Emissionen in der Schweiz; dabei ist der Flugverkehr nicht einmal mitgerechnet. Auch in Basel-Stadt nahm der Motorfahrzeugbestand in den letzten Jahren nicht ab. Eine klimaneutrale Mobilität setzt voraus, dass der motorisierte Individualverkehr möglichst reduziert und das Verkehrsaufkommen entweder durch den Öffentlichen Verkehr, Veloverkehr oder durch klimaneutrale Fahrzeuge bewältigt wird. Sharing-Mobilität wird dabei in der Stadt, in welcher ein überwiegender Anteil der Wegstrecken kleiner als 5 km ist, eine zunehmende Rolle spielen. Der Öffentliche Verkehr muss demgegenüber für alle bezahlbar bleiben und im Stadtkanton garantieren, dass niemand auf ein Auto angewiesen ist.Der Kanton und Unternehmen, an welchen er beteiligt ist, sollten aus Investments in Firmen aussteigen, die mehr als 5% ihres Umsatzes aus fossilen Energieträgern erzielen. Zudem sollten Unternehmen im Bereich nachhaltige Entwicklung und erneuerbare Energien stärker gefördert werden. Vorlagen des Kantons müssen in Zukunft auf ihre klimapolitischen Auswirkungen überprüft werden müssen. Dafür stehen wir ein.